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So funktionieren die Pedale bei Klavier, Flügel und Digitalpiano

In Kombination mit der Anschlagsdynamik bieten die Pedale eines Klaviers schier unendlich viele Möglichkeiten der Klanggestaltung. Es gibt drei unterschiedliche Pedale die bei Flügel und akustischen Klavier Einfluss auf die Mechanik nehmen und so den Klang verändern. Beim Digitalpiano wird ein passendes Sample abgespielt um diesen Effekt zu immitieren. Wie die Pedale heißen, was sie bewirken und wofür sie gut sind erklären wir in diesem ausführlichen Artikel.

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Letzte Aktualisierung am 28.06.2023 um 19:23 Uhr. Produktbilder: Amazon Product Advertising API.

Das linke Pedal (Piano)

Das Piano Pedal befindet sich immer ganz links. Im Englischen spricht man auch vom “Soft pedal”. Die technische Spielanweisung beim Flügel das linke Pedal einzusetzen lautet “una corda” – aus dem Italienischen, abgekürzt auch einfach “u. c.” Der Begriff “piano” heißt schlicht “leise”, aber das dürften für die meisten Leser keine bahnbrechenden News sein.

Anders als bei Saiteninstrumenten wie Gitarre und Violine werden die meisten Töne bei Klavier und Flügel nicht mit nur einer Saite erzeugt. Sowohl im Diskant als auch in der Mittellage sind es drei Saiten pro Ton. Man spricht hier auch vom Saitenchor. Im Bass nimmt die Anzahl an Saiten ab und zwei oder auch eine einzelne Saite die bei modernen Instrumenten mit Kupferdraht, früher aber auch mit Eisen- oder Messingdraht umsponnen sind, erzeugen den jeweiligen Ton.

Beim Flügel befinden sich die Hämmerchen unter den horizontal – also parallel zum Boden – verlaufenden Saiten. Schlägt man eine Taste an, lässt die Mechanik die Hämmerchen von unten auf die darüberliegende Saite (oder Saiten) treffen die zum entsprechenden Ton gehören. Wenn man das Pianopedal betätigt, verschiebt sich das Spielwerk oder einfach die “Maschine” mitsamt der Tastatur ein Stück nach rechts. An einem Flügel kann man diesen Vorgang sehr gut beobachten und nachvollziehen. Da sich die Saiten selbst nicht bewegen sondern nur die darunter liegende Mechanik inklusive der Hämmerchen hat dies zur Folge, dass die Hämmer beim Anschlagen einer Taste nun nicht mehr alle Saiten eines Tons treffen sondern nur noch auf zwei von drei oder eine von zwei – je nachdem, um welchen Ton es sich handelt und wie viele Saiten zu ihm gehören. Die Klangfarbe verändert sich und die Töne sind etwas leiser, nicht mehr so kräftig.

Bei einem akustischen Klavier wird dasselbe Ergebnis auf eine andere Weise erzielt. Das Spielwerk verschiebt sich nicht – stattdessen wird die Anschlagsdistanz zwischen Hämmern und Saiten verringert. So treffen die Hämmer mit weniger Schwung auf die Saiten. In der Praxis ändert sich oft aber nur wenig an der Lautstärke und der Einsatz dieses Pedals macht daher häufig keinen Sinn.

Beim Digitalpiano wird der Piano-Effekt natürlich nicht mechanisch erzielt. In Abhängigkeit von der Geschwindigkeit mit der eine Taste gedrückt wird, kann man bekanntlich die Dynamik eines Tones bestimmen. Je nachdem wie schnell oder langsam die Hämmer über Tasten und Klaviermechanik auf die Saiten treffen und diese zum Schwingen bringen, erhält man leise bis kräftige Töne. Anders als beim akustischen Original treffen die Hämmer der gewichteten Hammermechanik beim Digitalpiano nichtauf Saiten, sondern auf Sensoren die ihre Geschwindigkeit ermitteln und dann ein dazu passendes Sample wiedergeben. Dabei handelt es sich im Grunde genommen um eine Audiodatei, die zuvor von akustischen Klavieren oder Flügeln im Studio aufgenommen worden ist. Für jede Stufe der Dynamik eines spezifischen Tones in Kombination mit gedrückten Pedalen in unterschiedlichen Positionen, gibt es ein passendes Sample, welches dann über die Lautsprecher oder Kopfhörer ausgegeben wird. Wenn man beim Digitalpiano also das Piano-Pedal einsetzt, wird genau das wiedergegeben, was bei jenem Instrument das für die Aufnahme der Samples verwendet wurde, zu hören war als das linke Pedal betätigt wurde.

Das mittlere Pedal (Sostenuto / Moderator)

Das mittlere Pedal kann zwei unterschiedliche Funktionen haben:

  • Moderator-Funktion
  • Sostenuto-Funktion

Beim Klavier handelt es sich fast immer um ein Moderator-Pedal. Wenn man es betätigt, wird ein Filzstreifen zwischen Hämmer und Saiten gespannt. Das hat zur Folge, dass sämtliche Töne deutlich leiser erklingen.

Das Sostenuto-Pedal hingegen ist der Standard beim Flügel. Es wird auch “Tonhaltepedal” genannt. Der Begriff “Sostenuto” kommt aus dem Italienischen und bedeutet “gehalten”. In abgekürzter Form findet man das Wort als Vortragsanweisung bei unterschiedlicher Klavierliteratur. Dort steht dann “sost.” oder “sosten.” Eingesetzt wird dieses Pedal häufig bei Klaviermusik aus dem 20. Jahrhundert. Die Aufgabe des Sostenuto Pedals besteht schlicht darin, die Töne möglichst lange zu halten und ausklingen zu lassen.

Technisch wird dies erreicht, indem beim betätigen des Pedals die Dämpfer all jener Saiten in oberster Position fixiert werden, deren Tasten man gedrückt hält. Zunächst müssen eine oder mehrere Tasten nach unten gedrückt werden. Dabei werden beim Flügel die Dämpfer angehoben, die sich unmittelbar über der Saite befinden (die Hämmer treffen von unten auf die Saite). So lange die Dämpfer angehoben sind, kann die Saite schwingen und der jeweilige Ton erklingen. Lässt man die Taste jedoch wieder los, wird der entsprechende Ton gedämpft. Das Sostenuto-Pedal verhindert diesen Vorgang, indem es die Dämpfer in der Position hält fixiert, die man mit dem drücken der Tasten erreicht hat. Der Abstand zwischen Saite und Dämpfer wird also aufrecht erhalten und der Ton erklingt solange die Saite in Bewegung ist oder erneut angeschlagen wird. Also: Tasten drücken – und erst dann das Pedal drücken – so werden die Dämpfer mechanisch daran gehindert, wieder nach unten zu gehen und die Saite zu dämpfen. Man kann einen Ton hierbei auch mehrfach anschlagen – der Dämpfer bleibt oben, so lange das Pedal gedrückt bleibt.

Entscheidend ist, dass hiervon nicht alle Tasten betroffen sind, sondern nur jene, die man gedrückt hält “bevor” man das Sostenuto Pedal einsetzt. Alle anderen Töne kann man nach wie vor staccato spielen. Wenn man das Pedal loslässt, legen sich die Dämpfer wieder auf die dazugehörenden Saiten. So lange man das Pedal gedrückt hält, kann man die Tasten deren Saiten nicht mehr gedämpft werden so oft anschlagen wie man möchte.

Beim E-Piano wird beim Drücken des Sostenuto-Pedals entsprechend das passende Sample abgespielt.

Das rechte Pedal (Forte / Sustain)

Der Begriff “forte” stammt aus dem Italienischen und bedeutet “laut”, “kräftig”. Das Fortepedal ist das wichtigste und am häufigsten verwendete Pedal beim Klavier und deshalb auch bei den meisten E-Pianos Standard. Man nennt es auch Sustain Pedal, was im Englischen für “erhalten” steht und die Funktionsweise mit nur einem Wort sehr präzise beschreibt. Beim akustischen Klavier werden sämtliche Dämpfer gleichzeitig angehoben und in dieser Position gehalten, sodass die Saiten auch nach dem Loslassen der Tasten weiter schwingen können und nicht wie im Normalfall nach dem Anschlagen gleich wieder verstummen.

Ein Nebeneffekt ist, dass die benachbarten Saiten des gespielten Tons bei gedrücktem Forte-Pedal ebenfalls in Schwingung versetzt werden und einfach mitschwingen. Darunter befinden sich viele sogenannte Obertonschwingungen der ungedämpften Saiten. Dies sorgt für einen volleren Klang. Man spricht hier auch von sympathetischer Saitenresonanz. Wann und in welchem Umfang man dieses Pedal einsetzt, hängt natürlich maßgeblich von der bevorzugten Klavierliteratur ab – man wird als ambitionierter Pianist aber sehr oft mit dem Sustain-Pedal in Berührung kommen. Es findet auch bei Keyboard und Stagepiano Verwendung.

Beim E-Piano muss auch dieser Effekt so realistisch wie möglich nachgeahmt werden. Da Digitalpianos anders als ihre akustischen Vorbilder nicht auf Saiten angewiesen sind, verfügen sie folglich auch nicht über Dämpfer. Den Sustain-Effekt authentisch zu immitieren, ist gar nicht so einfach – denn abhängig davon welche Taste man bei den akustischen Varianten mit welcher Intensität drückt und ob das Forte-Pedal komplett oder nur zur Hälfte durchgedrückt wird und die Dämpfer den Saiten etwas weniger Raum zum Schwingen geben, ist ein ganz anderer Sound gefragt. Folglich müsste die Palette an Samples oder Aufnahmen die beim Einsatz des Pedals wiedergegeben werden gewaltig sein. Dieser Effekt, das sogenannte “half pedaling”, ist mit E-Pianos deshalb oft nicht umsetzbar, was nur in der Theorie ein großer Nachteil zu sein scheint. In der Praxis ist dieses Manko nämlich in den meisten Fällen völlig unerheblich und wird auch nicht vermisst, da das half pedaling ansich nur für weit Forgeschrittene oder professionelle Pianisten von Bedeutung ist. Bei akustischen Klavieren und Flügeln kommt der Effekt der durch ein halb durchgedrücktes Pedal entsteht jedenfalls am besten bei hohen Tönen zur Geltung. Sollte man diese Funktion dennoch benötigen sollte man darauf achten, das sie explizit erwähnt wird und ganz sicher zu den Features des favorisierten Modells gehört.

Aufgrund der vielen Töne die beim Einsatz des Sustain-Pedals in Kombination mit anderen Methoden der Klanggestaltung gleichzeitig erklingen müssen, sollte das E-Piano über eine ausreichende Polyphonie verfügen.

Braucht mein Klavier überhaupt Pedale?

Anfänger sind mit dem Einsatz von Pedalen meist überfordert. Nach einiger Zeit sollte man aber dazu übergehen, diese auch einzusetzen um sie kennenzulernen und sich mit ihrer Funktion vertraut zu machen. Natürlich hängt der Einsatz auch von persönlichen Vorlieben und der verwendeten Klavierliteratur ab.

Glenn Gould, einer der größten Klavier-Virtuosen des 20. Jahrhunderts beispielsweise, hat Bach fast immer ohne Pedaleinsatz interpretiert. Das Non-Legato-Spiel orientierte sich am Cembalo, dem Vorgänger des zeitgenössischen Klaviers, das zu Zeiten J. S. Bachs eben top-of-the-art war. Es kannte keine Dynamik in diesem Sinne und die Klanggestaltung war nicht wie beim modernen Klavier möglich. Pedale hatte es nicht und so versuchte Glenn Gould so authentisch wie möglich zu bleiben und statt seine Füße einzusetzen lieber zu summen während er spielte. Aber das ist eine andere Geschichte. Wer es ernst meint, braucht zumindest das Forte- beziehnungsweise Sustain-Pedal.

Die große Kunst ist es, die Pedale gekonnt und im richtigen Umfang, auch in Kombination, einzusetzen und seinem Klavierspiel dadurch Charakter und den letzten Schliff zu verleihen. Beim Digitalpiano stehen meist drei Pedale zur Verfügung, manchmal aber auch nur das Fortepedal, um welches man Modelle die ohne daher kommen in der Regel auch einfach nachrüsten kann. Dazu muss man lediglich das Kabel vom Pedal zum E-Piano-Gehäuse führen und die passende Buchse stecken.